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Blumenkohlzüchtung im Fokus

Interview von Dr. Steffen Jakobs

Wie sieht eigentlich die Arbeit eines professionellen Blumenkohlzüchters aus? Was macht die Züchtung von Blumenkohl so spannend und welche Kriterien spielen dabei eine wichtige Rolle? Aufschlussreiche und teils überraschende Antworten darauf gibt der Diplom-Agraringenieur Herr Dr. Sebastian Miersch.

Herr Dr. Miersch, was sind grundsätzliche Ziele der Pflanzenzüchtung?

Ein Ziel ist es aus einer Pflanzenpopulation über Generationen hinweg Sorten zu selektieren und weiter zu vermehren, welche die entsprechend gewünschten Eigenschaften besitzen. Auf diese Weise kann man an Umweltbedingungen gut angepasste Sorten erhalten, die häufig aus einem jahrhundertelangen Auswahlprozess hervorgehen. Die Pflanzenzüchtung leistet einen sehr wertvollen Beitrag zur Welternährung insbesondere durch Ertragserhaltung und -steigerung, indem sie zum Beispiel schädlingsresistente, dürrebeständige oder salztolerante Sorten entwickelt. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund bedeutsam, dass Ackerflächen durch verschiedene Ursachen wie Versalzung, Versteppung, Urbanisierung und dem Klimawandel insgesamt weltweit abnehmen.

Dr. Sebastian Miersch ist Pflanzenzüchter und bei einem international tätigen Pflanzenzuchtkonzern für die Blumenkohlzüchtung verantwortlich.

Wie sieht ein typischer Tagesablauf bei Ihnen aus?

Mein Arbeitstag ist sehr abwechslungsreich und eine gute Mischung aus Büroarbeit wie zum Beispiel E-Mail-Korrespondenzen, Projektbesprechungen und Abstimmung mit meinen Kollegen sowie praktischer Züchtungsarbeit. 

Wie kann man sich den praktischen Teil vorstellen?

Dies kann man sich wie folgt vorstellen: Um Hybridsorten zu entwickeln wird die hinsichtlich der genetischen Eigenschaften unterschiedliche Mutterlinie mit der Vaterlinie gekreuzt. Man startet mit einer Vielzahl von Varianten und reduziert diese dann in einem mehrjährigen Selektionsprozess auf wenige Sortenkandidaten. Mit Hilfe von genetischen Markern, den sogenannten Single Nucleotid Polymorphisms (SNPs), die eine Variation eines Basenpaares in einem komplementären DNA-Doppelstrang darstellen, sowie statistischen Verfahren versucht man den Selektionserfolg zu erhöhen.

Was macht Blumenkohl so interessant?

Blumenkohl ist an sich ein sehr altes Gemüse. Ursprünglich brachten Kreuzfahrer die Samen der Wildsorte vermutlich aus Zypern mit nach Italien. Ab dem 16. Jahrhundert wurde er dann in ganz Europa angebaut. Kurz nach Italien begann z.B. auch Frankreich mit dem Anbau.

 

"Blumenkohl enthält B-Vitamine, Vitamin C,
Ballast- und Mineralstoffe"

 

Spannend finde ich, dass es Blumenkohl in vielen farblichen Varianten (wie grün, lila oder weiß) und in verschiedenen Größen gibt. Das können nicht viele Gemüsesorten bieten. Der Verbraucher kennt meist den weißen Blumenkohl aus dem Lebensmitteleinzelhandel. Zudem weist Blumenkohl viele wichtige Inhaltsstoffe wie Vitamine der B-Reihe, Vitamin C, Ballast- und Mineralstoffe auf. Er trägt also zu einer abwechslungsreichen und gesunden Ernährungsweise bei.

Nach welchen Kriterien wird bei Gemüse und Obst für die Lebensmittelproduktion selektiert?

Ganz pauschal kann man diese Frage nicht beantworten. Jedoch sind Produktionskosten immer ein wichtiger Faktor. Bedeutsam ist auch, dass Obst und Gemüse leicht zu ernten sind. Bei Blumenkohl erfolgt dies derzeit noch per Hand. Grundsätzlich strebt man bei der Blumenkohlzüchtung an, dass die Sorten unter verschiedenen Umweltbedingungen wie z.B. Trockenheit, viel Niederschlag oder hohem Krankheitsdruck über Jahre hinweg stabil sind. Vor dem Hintergrund, dass zunehmend Pflanzenschutzmittel in der EU verboten werden bzw. keine Zulassungsverlängerung erhalten, spielt bei Blumenkohl die natürliche Krankheitsresistenz eine immer wichtigere Rolle, d.h. die Fähigkeit auch ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln entsprechende Pflanzenerkrankungen abzuwehren.

 

Nachfrage von Bio-Blumenkohl steigt

 

So konnte man in den letzten Jahren beobachten, dass im Handel biologisch angebauter Blumenkohl stärker vom Verbraucher nachgefragt wurde. Auch die Haltbarkeit und Lagerungsfähigkeit sind bei leichtverderblicher Ware wie Blumenkohl von großer Relevanz – da können beispielsweise 2 bis 3 Tage längere Lagerzeit einen wesentlichen Unterschied ausmachen. Grundsätzlich ist es so, dass der Handel bzw. die Hersteller die Trends für Obst- und Gemüsesorten und somit auch die Selektionskriterien der Züchtung vorgeben.